Mittelstand Südwestfalen

Liegt Wittgenstein wirklich am Ende der Welt?

Im Rahmen ihres traditionellen „Wittgensteiner Unternehmergesprächs“ diskutierten auf Einladung der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) Wittgensteiner Unternehmer im Jagdhof Glashütte mit den Kandidaten für die anstehende Landtagswahl am 13. Mai.

Beim traditionellen „Wittgensteiner Unternehmergespräch“ wurde mit den Kandidaten für die anstehende Landtagswahl diskutiert.

IHK-Vizepräsident Christian Kocherscheidt, EJOT Holding GmbH Co. KG, Bad Berleburg, eröffnete die Runde mit einem Blick auf die aktuelle Konjunkturentwicklung. „Sie gibt zwar keinen Anlass zu euphorischen Freudensprüngen“, so der Unternehmer, „lässt die Zukunft aber auch nicht grau in grau erscheinen“. Die jüngste Befragung der Unternehmen durch die IHK hat ergeben, dass sich im Vergleich zum Jahresanfang die Lagebeurteilung und auch die Erwartung der Unternehmen nur wenig verändert haben. Der Konjunkturklimaindex, das Fieberthermometer der regionalen Konjunktur, bleibt in etwa auf dem hohen Niveau vom Jahresbeginn.

In der Diskussion mit den Politikern war naturgemäß die Verkehrsverbindung von und nach Wittgenstein Thema Nummer eins. Wolfgang Weber, Weber Maschinentechnik GmbH, Bad Laasphe, äußerte dabei Unverständnis darüber, dass die Landesregierung sich nolens volens über das Votum des Bad Laaspher Rates, dem auch er angehöre, hinweggesetzt und die bevorzugte Variante der Ortsumgehung mit der zweifelhaften Begründung abgelehnt habe, ihr fehle mehrheitlich die Unterstützung der Bevölkerung. Diese Forderung der Landesregierung nach einem breiten Konsens als grundsätzlich notwendige Voraussetzung für den Bau von Straßen, war denn auch ein harscher Kritikpunkt, den die Unternehmer an die Vertreter von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen richteten. Wer die Realisierung von Projekten davon abhängig mache, auch den letzten Opponenten zum Konsens zu bewegen, der wähle automatisch den Stillstand. Ein Modell für einen Industriestandort Nordrhein-Westfalen sei dies nicht.

Ausgesprochen kritisch äußerten sich die Unternehmen auch zu der nicht endenden Diskussion um die Verkehrsanbindung nach Wittgenstein über die „Route 57.“ Diese Straße müsse endlich her, wenn man es ernst damit meine, die Zukunft dieses Wirtschaftsstandortes wirklich im Auge zu behalten. Ulf Pöppel, Geschäftsführer der BSW Berleburger Schaumstoffwerk GmbH, Bad Berleburg, machte dabei deutlich, dass die gute Verkehrsanbindung nicht nur für den Transport von Fertigprodukten und Vormaterialien besser ausgebaut werden müsse. Noch viel schlimmer treffe die Unternehmer in Wittgenstein die völlig unbefriedigende Erreichbarkeit, wenn es darum gehe, mehr Fach- und Führungskräfte für den Standort Wittgenstein zu gewinnen. „Die demografische Entwicklung stellt gerade für die drei Wittgensteiner Kommunen eine gewaltige Herausforderung dar“, so Pöppel. „Wir sind deshalb dringend darauf angewiesen, auch Menschen von außerhalb der Region für den Standort zu begeistern. Wer aber von Kreuztal bis Berleburg so lange braucht wie von Köln bis Kreuztal, dem ist kaum noch klarzumachen, dass Wittgenstein nicht am Ende der Welt liegt.“

Auch die vom Vertreter der Bündnis 90 / Die Grünen in die Diskussion gebrachte Alternative, statt Ortsumgehungen die bestehenden Straßen auszubauen, sei nicht wirklich erfolgversprechend. Wegen der bewegten Topografie und der großflächigen FFH-Gebiete sei ein „echter“ Ausbau der bestehenden Straßen, zumindest naturschutzrechtlich, ebenso schwierig durchzusetzen wie ein Aus- und Neubau der Ortsumgehungen. „Wie“, so der Tenor der Unternehmer, „wollten die Politiker den Arbeitnehmern in Wittgenstein angesichts der Blockade bei diesem Straßenprojekt den schleichenden Prozess des Arbeitsplatzabbaus erklären“. Bereits heute denken Unternehmen sogar öffentlich darüber nach, in Zukunft wegen der schlechten Verkehrsanbindung Erweiterungen nicht in Wittgenstein, sondern an anderen Standorten im In- oder Ausland durchzuführen. Dass dieser Prozess bereits in vollem Gange sei, unterstrich zum Beispiel Aleksander Bikar, Bikar Metalle GmbH, Bad Berleburg, der erklärte, dass sein Unternehmen den Erweiterungs-Standort an der A 4 in Thüringen vor allem wegen der widrigen Verkehrsverhältnisse in Bad Berleburg gewählt habe.


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